STREIT UM DAS LANDSHUTER ERBE

Die "Junge Pfalz" entsteht

Herzog Georg der Reiche von Bayern-Landshut hatte keinen männlichen Erben und daher seine Tochter Elisabeth als Erbin eingesetzt. Das wollte die an sich erbberechtigte Münchener Linie nicht hinnehmen und so kam es 1503 zum verheerenden Landshuter Erbfolgekrieg. Beendet wurde der Krieg 1505 nach dem Tode Elisabeths und ihres Ehemanns Ruprecht von der Pfalz, die zwei Söhne hinterließen, durch Schiedsspruch Kaiser Maximilians. Die Enkel Herzog Georgs erhielten mit der "Jungen Pfalz" ein zersplittertes Territorium von der schwäbischen oberen Donau über Franken bis zur nördlichen Oberpfalz. Hauptstadt des neuen Staates wurde Neuburg an der Donau, wo bis zur Volljährigkeit der beiden Prinzen Pfalzgraf Friedrich von der Pfalz die Vormundschaft ausübte. Der Rest des Erbes fiel an die Münchener Linie, der Kaiser hatte sich an Kufstein schadlos gehalten.

Pfalzgraf Ottheinrich Reformation
und Renaissance Fürstentum Neuburg

Eine der markantesten Herrscherpersönlichkeiten der Jungen Pfalz war Ottheinrich (1502-1559), ein gebildeter, weitgereister, kunstsinniger und baufreudiger Regent, der ab 1522 teils allein, teils mit seinem Bruder Philipp (1503-1548) regierte. Die beiden Herzöge begannen mit dem Ausbau einer modernen und differenzierten Verwaltung. Ottheinrich führte 1542 in seinem Fürstentum die Reformation ein, die damit sozusagen an das Herz Altbayerns heranrückte. Die Finanzverwaltung der beiden Fürsten war weniger glücklich. Aus den regulären Staatseinkünften ließ sich der Finanzbedarf der Neuburger Herzöge nicht decken. Die Ausgaben für den Ausbau ihrer Residenz und die Schulden aus dem Krieg finanzierten sie überwiegend aus neuen Steuern und Großkrediten. 1544 sah sich Ottheinrich zunächst zur Verpfändung einzelner Landesteile und dann zur Übergabe der Regierung an die Landstände gezwungen. Trotz dieses finanziellen Ruins ist er durch seine Schloßbauten, seine glanzvolle und auch leutselige Lebensführung bis heute im Bewußtsein der Menschen geblieben.

Landesherren und Landstände

Mit Gründung des neuen Fürstentums hatten sich Adel, Klerus, Städte und Gemeinden aus ihrem alten Herrschaftsverband zu lösen und zur neuen "Landschaft" der "Jungen Pfalz" zu formieren. Seit dem 14. Jahrhundert war es ihnen gelungen, eine nicht unerhebliche Machtstellung zu erreichen. In der "Jungen Pfalz" gelang den Landständen eine ungewöhnliche Ausweitung ihres Einflusses, da zunächst Pfalzgraf Ottheinrich aber auch die späteren Neuburger Herrscher stark auf ihre Steuerbewilligung angewiesen waren. Ihre Mitwirkung bei der Finanzverwaltung konnten sie bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts aufrechterhalten,
während die Beteiligung der Landstände in Bayern und den anderen Territorien durch absolutistische Fürsten immer weiter zurück gedrängt wurde. Als Ottheinrich 1556 die Pfälzer Kurwürde erhielt, übertrug er das Territorium der "Jungen Pfalz" seinem Vetter und Hauptgläubiger Herzog Wolfgang von Zweibrücken (1526-1569). Während dessen Herrschaft wurde Lauingen (Gründung von Landesschule und Landesdruckerei) zum geistigen Zentrum.

EIN FÜRSTENTUM VON EUROPÄISCHER GELTUNG

Nach seinem Tod wurden seine Länder Zweibrücken und Pfalz-Neuburg unter den Söhnen aufgeteilt. Philipp Ludwig (1547-1614) erhielt den Hauptanteil mit der Residenz Neuburg, Otto Heinrich (+1604) und Friedrich (+1597) die heute oberpfälzischen Landesteile. Nach ihrem kinderlosem Tod fielen die Gebiete an das Gesamthaus zurück. Diese Epoche ist gekennzeichnet durch strenges Luthertum, bescheidene Hofhaltung und den weiteren Ausbau der Landesverwaltung.

Eine reiche Erbschaft und ihre Folgen -
Die junge Pfalz wird wieder katholisch

Pfalzgraf Philipp Ludwigs Heirat mit Anna von Jülich-Berg eröffnete die Aussicht auf ein reiches Erbe und die Erweiterung der Herrschaft auf niederrheinische Gebiete, wobei es um dieses Erbe einige Mitkonkurrenten gab, deren wichtigster der Brandenburgische Kurfürst war.

Nicht nur persönliche, sondern in erster Linie politische Gründe waren daher 1613 der Grund für den Übertritt Wolfgang Wilhelms (1578-1653) zum Katholizismus. Mit diesem Schritt erhielt er die Unterstützung des katholischen Lagers, vor allem seines Schwagers Maximilian von Bayern, im Kampf um das Herzogtum Jülich und Berg (1609-1666).

Nach dem Tod des alten Pfalzgrafen Philipp Ludwig wurde die Junge Pfalz erneut aufgeteilt. Wolfgang Wilhelm erhielt die Hauptlande, August die "Obere Pfalz" mit Sulzbach, Johann Friedrich den Besitz um Hilpoltstein. In den Pfalz-Neuburger Territorien führte Wolfgang Wilhelm gegen Willen von Mutter und Brüder mit Hilfe des Jesuitenordens die Rekatholisierung durch. Die unter seinem Vater als evangelischer "Trutzmichael" gebaute Neuburger Hofkirche wurde als prächtige katholische Marienkirche vollendet. In Sulzbach gelang dies nicht. Dort schloß Christian August 1652 mit Wolfgang Wilhelm einen Vergleich, der die Einführung eines "Simultaneums" für seine protestantischen und die katholischen Untertanen garantieren sollte. Nach der Konversion Christian Augusts zum katholischen Glauben 1656 erlangte das Fürstentum Pfalz-Sulzbach die volle Souveränität.

Neuburger "Weltgeltung" und
die Wiedervereinigung mit Bayern

Philipp-Wilhelm (1615-1690) war vor seinem Regierungsantritt - mit der Verwaltung der "Jungen Pfalz" betraut -oft in Neuburg, wo er das Neuburger Wahrzeichen, den Ostflügel des Schlosses mit den beiden Türmen erbaute. Später regierte er wie sein Vater von Düsseldorf aus. Seine Söhne wirkten als geistliche Kurfürsten, seine Töchter - man nannte ihn den Schwiegervater Europas - heirateten in europäische Herrscherfamilien ein. Die älteste Tochter Magdalena Eleonore ehelichte den Kaiser und wurde so die Großmutter Maria Theresias. Mit der Erlangung der pfälzischen Kurwürde, verlegten die Pfalz-Neuburger Fürsten ihre Residenzen endgültig nach Düsseldorf, Heidelberg und Mannheim.

Der letzte Regent der "Jungen Pfalz", Karl Theodor (1724-1799), stammte aus der Pfalz-Sulzbacher Linie und erbte nach dem Aussterben der kurbayerischen Linie 1777 auch das Kurfürstentum Bayern.

Mit der Wiedervereinigung der wittelsbachischen Lande endete die Eigenständigkeit Pfalz-Neuburgs, das zuletzt als "Provinz Neuburg" bezeichnet, im Königreich Bayern aufgegangen ist.

 

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